Software für Psychotherapeuten 2025: Der umfassende Vergleichs- und Auswahlguide
Alle Funktionen, Kosten & Anbieter – übersichtlich für Ihre Praxis aufbereitet
Für Psychotherapeut:innen • Praxismanager:innen • IT-Verantwortliche
1. Einleitung & Zielgruppenorientierung
Die Digitalisierung erreicht auch die Psychotherapie. Mit über 34.900 Psychotherapeut:innen in der ambulanten Versorgung steht die Branche vor einem technologischen Wandel. Während 73% bereits Videosprechstunden nutzen, führen nur 60% ihre Patientendokumentation vollständig digital – ein deutlicher Digitalisierungsrückstand.
Die Wahl der richtigen Praxissoftware ist heute strategisch entscheidend. Eine passende Lösung steigert nicht nur die Effizienz, sondern unterstützt die Qualität der therapeutischen Arbeit. Gleichzeitig sind die regulatorischen Anforderungen komplex: Von der Telematikinfrastruktur über die elektronische Patientenakte bis hin zu strengen Datenschutzbestimmungen.
Was ist eine Praxissoftware für Psychotherapeuten?
Eine Praxissoftware – auch Praxisverwaltungssystem (PVS) genannt – ist eine spezialisierte Anwendung, die alle administrativen und klinischen Prozesse einer Psychotherapiepraxis digital unterstützt. Dazu gehören Patientenverwaltung, Terminplanung, Behandlungsdokumentation und Abrechnung ebenso wie die Anbindung an die Telematikinfrastruktur für den sicheren Datenaustausch.
Für wen ist dieser Ratgeber?
🆕 Für Neugründer: Sie starten Ihre Praxis oder wechseln aus einer Einrichtung in die Selbstständigkeit. Sie benötigen eine Erstauswahl ohne den Ballast bestehender Systeme. Besonders relevant: Kapitel 2 (Grundfunktionen), 3 (Entscheidungskriterien) und 6 (Zukunftssicherheit).
🔄 Für Wechselwillige: Ihre aktuelle Software erfüllt nicht mehr Ihre Anforderungen – mangelnde Funktionalität, unzureichender Support oder veraltete Technik. Der Ratgeber unterstützt Sie bei der systematischen Bewertung von Alternativen.
⚙️ Für Optimierer: Sie arbeiten bereits mit einer Praxissoftware, möchten aber das Maximum herausholen oder gezielt erweitern. Erfahren Sie, wie Sie ungenutzte Potenziale erschließen.
Die aktuellen Herausforderungen
Psychotherapeut:innen stehen vor besonderen digitalen Herausforderungen: Die strengste Schweigepflicht nach §203 StGB, komplexe Antragsverfahren bei Krankenkassen und die Notwendigkeit, therapeutische Beziehungen nicht durch Technik zu stören. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen – von der TI-Anbindung bis zur elektronischen Patientenakte.
2. Funktionslandschaft
Die moderne Praxissoftware für Psychotherapeuten hat sich vom einfachen Terminkalender zum umfassenden System entwickelt. Je nach Praxisgröße und Spezialisierung unterscheiden sich die Anforderungen erheblich.
2.1 Die unverzichtbaren Kernfunktionen
Kernfunktion |
Was sie leistet |
Warum unverzichtbar |
Patientenverwaltung |
Zentrale Verwaltung aller Stammdaten, Versicherungsinformationen und Behandlungsverläufe |
Basis aller weiteren Prozesse – ohne strukturierte Patientendaten funktioniert keine digitale Praxis |
Terminkalender |
Verwaltung von Therapiesitzungen, Serientermine und Wartelisten mit automatischen Erinnerungen |
Psychotherapie lebt von regelmäßigen Terminen – effiziente Planung ist geschäftskritisch |
Behandlungsdokumentation |
Strukturierte Erfassung von Anamnesen, Verlaufsdokumentation und Therapiezielen |
Gesetzliche Dokumentationspflicht und Grundlage für Qualitätssicherung |
Abrechnung |
KV-konforme Quartalsabrechnung und Privatliquidation nach GOP |
Sichert die wirtschaftliche Grundlage – Fehler führen zu erheblichen Honorarverlusten |
TI-Integration |
Anbindung an Telematikinfrastruktur für eGK, KIM und ePA |
Gesetzlich vorgeschrieben – ohne TI-Anbindung drohen Honorarkürzungen |
Antragsmanagement |
Unterstützung bei PTV-Formularen und Therapieanträgen |
Kernprozess der Kassentherapie – fehlerhafte Anträge verzögern Behandlungen |
2.2 Branchenspezifische Module & Spezialisierungen
Spezialisierung |
Besondere Anforderungen |
Relevante Module |
Regulatorische Besonderheiten |
Kinder- und Jugendpsychotherapie |
Elternverwaltung, entwicklungsbezogene Dokumentation |
KJP-Modul mit Erziehungsberechtigten-Verwaltung |
Besondere Einwilligungsprozesse bei Minderjährigen |
Gruppentherapie |
Verwaltung mehrerer Teilnehmer pro Sitzung |
Gruppenmanagement-Modul mit Teilnehmerverwaltung |
Spezielle EBM-Ziffern für Gruppenleistungen |
Ärztliche Psychotherapie |
Medikamentöse Mitbehandlung, somatische Befunde |
Arzneimittelmodul, eRezept-Funktionen |
Erweiterte Behandlungsmöglichkeiten |
Privatpraxis |
Flexible Honorargestaltung, alternative Abrechnungsmodelle |
Freie Gebührenverwaltung, Coaching-Module |
Weniger regulatorische Beschränkungen |
MVZ/Gemeinschaftspraxen |
Mehrbenutzer-Management, standortübergreifende Organisation |
Multi-User-Verwaltung, zentrale Datenhaltung |
Komplexere Organisationsstrukturen |
Wichtiger Unterschied: Echte Fachmodule vs. oberflächliche Anpassung
Echte Fachmodule wurden von Grund auf für die spezifischen Anforderungen der Psychotherapie entwickelt. Sie verstehen therapeutische Workflows, berücksichtigen die Psychotherapie-Richtlinie und bieten spezialisierte Funktionen wie Therapiepläne oder Stundenkonten-Verwaltung.
Oberflächliche Anpassungen sind oft nur allgemeine Praxissysteme mit angepassten Bezeichnungen und Vorlagen. Sie funktionieren, bieten aber nicht die Tiefenintegration, die den Praxisalltag wirklich erleichtert.
2.3 Erweiterte Funktionen & Zusatzmodule
Digitale Patientenkommunikation: Sichere Nachrichtensysteme und Patientenportale ermöglichen Kommunikation außerhalb der Sitzungen. Besonders in der Corona-Zeit hat sich der Wert solcher Kanäle gezeigt.
Testpsychologische Integration: Für diagnostisch orientierte Praxen bieten manche Systeme die Integration psychometrischer Tests. Patienten können Fragebögen digital ausfüllen, die Auswertung erfolgt automatisch.
Videosprechstunden-Module: Da 73% der Psychotherapeut:innen Videosprechstunden nutzen, ist die Integration entsprechender Funktionen wertvoll. Manche Anbieter bieten eigene Video-Lösungen oder Schnittstellen zu zertifizierten Anbietern.
Qualitätssicherungs-Tools: In einigen Bundesländern sind spezielle QS-Dokumentationen erforderlich. Entsprechende Module können diese Aufgaben automatisieren.
2.4 Schnittstellen: Das Nervensystem Ihrer Praxis
Schnittstelle |
Bedeutung |
Worauf Sie achten sollten |
Telematikinfrastruktur (TI) |
Wichtigste Schnittstelle für eGK-Prüfung, KIM-Kommunikation und ePA-Zugriff |
Nahtlose und zuverlässige Integration |
KV-Systeme |
Für Quartalsabrechnung via KV-Connect |
Automatische Übermittlung ohne manuelle Schritte |
Office-Integration |
Zusammenarbeit mit Word und Outlook |
Reibungslose Funktion für Berichte und E-Mails |
Videosprechstunden-Anbieter |
Zertifizierte Dienste wie RED Connect oder Viomedi |
Single-Sign-On und nahtlose Integration |
3. Entscheidungshilfe: Der Weg zur richtigen Software
Die Auswahl ist komplex, aber mit der richtigen Methodik gut zu bewältigen. Mit über 15 relevanten Anbietern am deutschen Markt brauchen Sie eine strukturierte Herangehensweise.
3.1 Die 3 Killer-Kriterien
Vergessen Sie 20-Punkte-Checklisten. Diese drei Fragen entscheiden wirklich:
- Passt die Software zu Ihrer Arbeitsweise? Nicht Sie sollen sich anpassen, sondern die Software zu Ihnen.
- Gibt es Referenzpraxen in Ihrer Fachrichtung und Größe? Sprechen Sie mit echten Anwendern, nicht nur mit Verkäufern.
- Wie schnell reagiert der Support im Ernstfall? Ein Systemausfall am Montag um 8 Uhr zeigt die wahre Qualität.
3.2 Bedarfsanalyse: Was nervt Sie wirklich?
Schreiben Sie auf, was Sie an Ihrer jetzigen Lösung (oder Arbeitsweise) nervt. Das sind Ihre echten Anforderungen:
- "Termine dauern ewig zum Eintragen"
- "Abrechnung ist ein Krampf"
- "Patientendaten sind überall verstreut"
- "Keine Ahnung, wo welches Dokument liegt"
3.3 Häufige Entscheidungsfehler vermeiden
Zu starker Fokus auf den Preis: Eine günstige Lösung, die nicht zu Ihren Prozessen passt, wird langfristig teurer durch Ineffizienz und Frust.
Feature-Verliebtheit: Lassen Sie sich nicht von spektakulären Einzelfunktionen blenden, wenn die Grundfunktionen nicht optimal gelöst sind.
Vernachlässigung der Anwenderakzeptanz: Die beste Software nützt nichts, wenn sie nicht gerne genutzt wird. Beziehen Sie Ihr Team früh ein.
3.4 Der pragmatische Entscheidungsprozess
- Listen Sie Ihre Schmerzpunkte auf (1 Tag)
- Identifizieren Sie 3-4 geeignete Systeme (1 Woche)
- Testen Sie mit echten Daten (2 Wochen)
- Sprechen Sie mit 2-3 Referenzkunden (1 Woche)
- Entscheiden Sie (1 Tag)
Gesamtdauer: 4-5 Wochen statt monatelanger Analysen.
4. Markt & Anbieter
Der deutsche Markt für Psychotherapie-Software wird von spezialisierten Anbietern dominiert. Anders als in anderen Branchen haben sich hier echte Fachspezialisten gegen große Generalisten durchgesetzt.
4.1 Die Marktführer im Überblick
Anbieter |
Marktanteil |
Besonderheiten |
Zielgruppe |
Elefant (HASOMED) |
~31% |
Marktführer, umfassendes Psychotherapie-System mit starker TI-Integration |
Einzel- und Gemeinschaftspraxen aller Größen |
psyprax |
~31% |
Co-Marktführer, modularer Aufbau, günstige Preisstruktur |
Kostenorientierte Praxen, flexible Anpassung |
Epikur |
~15% |
Plattformunabhängig (Mac/Windows/Linux), Therapie-Guide |
Mac-User, technikaffine Anwender |
SMARTY |
~12% |
Einfach zu bedienen, kostengünstig, auch für Privatpraxen |
Kleinere Praxen, Einsteiger |
PsychoDat |
~5% |
Etablierter Anbieter mit verschiedenen Editionen |
Traditionsorientierte Praxen |
4.2 Innovative Newcomer
RED Medical positioniert sich als Cloud-Pionier mit browserbasierter Lösung und integrierter Videosprechstunde. Noch geringer Marktanteil, aber technologisch fortschrittlich.
tomedo bietet native Mac-Unterstützung und moderne Benutzeroberfläche, allerdings mit Fokus auf ärztliche Praxen.
4.3 Preismodelle im Realitäts-Check
Kostenart |
Einzelpraxis |
Gemeinschaftspraxis (3 Therapeut:innen) |
Große Praxis/MVZ |
Monatliche Grundkosten |
50-150€ |
150-400€ |
500-1.000€ |
Einmalige Einrichtung |
0-1.000€ |
1.000-3.000€ |
3.000-10.000€ |
TI-Kosten pro Jahr |
300-800€ |
600-1.500€ |
1.000€+ |
Gesamtkosten pro Jahr |
1.000-3.000€ |
3.000-8.000€ |
10.000€+ |
Kostenfalle: Manche Anbieter locken mit niedrigen Grundpreisen, verlangen aber für essenzielle Funktionen wie TI-Module oder Online-Termine Aufschläge.
4.4 Cloud vs. Etablierte: Der Technologiewandel
Etablierte On-Premise-Systeme punkten mit umfassendem Funktionsumfang, langjähriger Markterprobung und bewährten Workflows.
Moderne Cloud-Lösungen bieten ortsunabhängigen Zugriff, automatische Updates und bessere Mobile-Unterstützung.
Der Trend geht klar Richtung Cloud, aber die Funktionstiefe etablierter Systeme ist noch nicht erreicht. Hybrid-Modelle könnten die Zukunft sein.
5. Implementierung & Change Management
Die Einführung einer Praxissoftware braucht sorgfältige Planung. Der Erfolg hängt mehr von der Umsetzung als von der Software selbst ab.
5.1 Realistische Zeitplanung
Praxisgröße |
Typische Dauer |
Der Knackpunkt |
Einzelpraxis |
2-4 Wochen |
Datenmigration, wenn Altdaten vorhanden |
Kleine Praxis (bis 5 Personen) |
4-8 Wochen |
Koordination im Team |
Größere Praxis/MVZ |
2-6 Monate |
Komplexe Integration und Pilotbetrieb |
Die Wahrheit: Die Datenmigration dauert immer doppelt so lange wie versprochen. Ihr Team wird anfangs meckern. Planen Sie beides ein.
5.2 Datenmigration: Die brutale Realität
Datenmigration ist wie Umziehen: Es dauert länger, kostet mehr und am Ende fehlt trotzdem was.
Drei Strategien:
- Vollmigration: Alles übernehmen (aufwändig, aber vollständig)
- Stammdaten + Archiv: Nur Patientenstammdaten, alte Verläufe extern
- Neustart: Neue Software, Altdaten als PDF-Archiv
Überlebensstrategie: Sichern Sie dreifach, testen Sie mit echten Daten, haben Sie einen Plan B.
5.3 Schulung: Was wirklich funktioniert
Die beste Schulung: Lassen Sie Ihr Team die Top-5-Alltagsprozesse in der neuen Software durchspielen:
- Patient anlegen
- Termin vereinbaren
- Sitzung dokumentieren
- Rechnung erstellen
- TI-Anwendung nutzen
Der Rest kommt von selbst.
5.4 Change Management: Menschen mitnehmen
Typische Widerstände: "Unsere Prozesse funktionieren doch", Sorge vor Mehraufwand, Datenschutzbedenken.
Was hilft: Team bei Auswahl beteiligen, transparente Kommunikation über Gründe und Vorteile, Quick Wins früh zeigen.
6. Technik & Sicherheit
Als Psychotherapeut:in müssen Sie kein IT-Experte werden, sollten aber die Grundkonzepte verstehen.
6.1 Cloud vs. On-Premise: Was passt zu Ihnen?
Aspekt |
Cloud-Lösung |
On-Premise-Lösung |
Startkosten |
Gering, monatliche Abo-Gebühren |
Höher, geringere laufende Kosten |
IT-Aufwand |
Minimal – Anbieter übernimmt alles |
Erheblich – eigene IT-Betreuung nötig |
Zugriff |
Von überall mit Internet |
Primär im Praxisnetzwerk |
Datenkontrolle |
Beim Anbieter |
Vollständige Kontrolle |
Updates |
Automatisch |
Manuell, oft aufwändig |
Mythos Betriebssystem: Cloud-Lösungen sind völlig betriebssystemunabhängig und laufen über jeden modernen Browser.
6.2 Sicherheitsanforderungen in der Psychotherapie
Als Berufsgeheimnisträger unterliegen Sie besonderen Anforderungen:
Gesetzliche Grundlagen:
- §203 StGB (Schweigepflicht): Strafbarkeit bei Datenlecks
- DSGVO: Höchste Schutzstandards für Gesundheitsdaten
- IT-Sicherheitsrichtlinie §75b SGB V: Konkrete Vorgaben seit 2021
Konkrete Maßnahmen:
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Zwei-Faktor-Authentifizierung
- Audit-Protokolle für alle Zugriffe
- Regelmäßige, verschlüsselte Backups
- Anbieter-Zertifizierungen (ISO 27001)
6.3 Telematikinfrastruktur: Mehr als Pflicht
Die TI-Anbindung ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern Basis für moderne Arbeitsabläufe:
Aktuelle TI-Anwendungen:
- eGK-Prüfung: Versichertendaten online aktualisieren
- KIM: Sichere E-Mail-Kommunikation
- ePA: Elektronische Patientenakte (ab 2025 Befüllungspflicht)
- eAU: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen empfangen
TI 2.0-Ausblick: Hardware-Konnektor wird durch Cloud-Lösungen ersetzt – die Integration wird einfacher.
7. Zukunftstrends & Innovationen
Die Digitalisierung der Psychotherapie steht erst am Anfang. Mehrere Trends werden die Branche prägen.
7.1 Künstliche Intelligenz in der Psychotherapie
Aktuelle Einsatzgebiete:
- Dokumentationsunterstützung: Automatische Transkription von Sitzungsnotizen
- Diagnostik-Hilfen: KI-gestützte Auswertung psychometrischer Tests
- Terminoptimierung: Intelligente Algorithmen gegen No-Shows
- Literaturrecherche: Automatische Suche relevanter Studien
Zukunftsperspektiven:
- Personalisierte Therapieempfehlungen
- Sentiment-Analyse von Therapieprotokollen
- Früherkennung von Verschlechterungen
- KI-gestützte Risikobewertung
Wichtig: KI ersetzt nicht die therapeutische Beziehung, sondern übernimmt administrative Aufgaben und unterstützt Behandlungsqualität.
7.2 Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
"Apps auf Rezept" werden in die Regelversorgung integriert:
Blended Care-Konzepte:
- Kombination aus persönlicher Therapie und App-gestützten Interventionen
- Hausaufgaben via Smartphone
- Kontinuierliches Monitoring zwischen Sitzungen
Integration in Praxissoftware:
- DiGA-Verordnung direkt aus dem System
- Empfang und Auswertung von App-Daten
- Einbettung in Behandlungsplanung
7.3 Teletherapie und hybride Behandlung
73% der Psychotherapeut:innen nutzen bereits Videosprechstunden. Die Entwicklung geht weiter:
Hybride Therapieformate:
- Flexibler Wechsel zwischen Präsenz und Video
- Online-Sprechstunden für spezielle Störungsbilder
- Virtuelle Gruppentherapien
- Video-Supervision
7.4 Regulatorische Entwicklungen
ePA-Pflicht ab 2025: Bis Oktober müssen alle Therapeut:innen relevante Dokumente in die elektronische Patientenakte einstellen.
Digitales Antragsverfahren: PTV-Formulare sollen vollständig digital via KIM übermittelt werden.
Qualitätssicherung 2.0: Strukturierte Outcome-Messungen könnten verpflichtend werden.
8. FAQ & Ressourcen
8.1 Die wichtigsten Fragen beantwortet
Was kostet eine Praxissoftware für Psychotherapeuten wirklich?
Für eine Einzelpraxis rechnen Sie mit:
- Cloud-Lösungen: 50-120€ monatlich
- On-Premise: 1.500-3.000€ einmalig plus 200-500€ jährliche Wartung
- Zusätzlich: TI-Kosten (300-800€/Jahr), Einrichtung (0-1.000€)
Die Gesamtkosten über drei Jahre liegen meist zwischen 3.000-8.000€.
Wie lange dauert die Umstellung?
Einzelpraxis: 2-4 Wochen
Gemeinschaftspraxis: 4-8 Wochen
MVZ: 2-6 Monate
Der Knackpunkt ist die Datenmigration – planen Sie doppelt so viel Zeit wie versprochen.
Wie sicher sind Cloud-Lösungen?
Sehr sicher, wenn diese Kriterien erfüllt sind:
- Serverstandort Deutschland/EU
- ISO 27001-Zertifizierung
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- DSGVO-konforme Verträge
- Mehrstufige Authentifizierung
Viele Cloud-Anbieter bieten höhere Sicherheit als kleine Praxen selbst umsetzen könnten.
Welche Schnittstellen sind unverzichtbar?
- TI-Anbindung (eGK, KIM, ePA) – gesetzlich verpflichtend
- KV-Systeme für Quartalsabrechnung
- Office-Integration (Word, Outlook)
- Videosprechstunden-Anbieter (bei Bedarf)
Was ist bei der Datenmigration zu beachten?
- Datenbereinigung vor Migration
- Testmigration mit repräsentativen Daten
- Backup des Altsystems als Sicherheitsnetz
- Validierung durch Stichproben
- 1-2 Wochen Parallelbetrieb einplanen
Welche kostenlosen Alternativen gibt es?
Echte "kostenlose" Praxissoftware gibt es nicht – die Entwicklung und Wartung psychotherapie-spezifischer Funktionen ist aufwändig. Günstige Einsteigerversionen beginnen bei 30-50€ monatlich. Open-Source-Alternativen sind für die deutsche Psychotherapie nicht verfügbar.
Was rechnet ein Psychotherapeut pro Stunde ab?
- Probatorische Sitzung (50 Min): ca. 100€
- Einzeltherapie (50 Min): ca. 100€
- Gruppentherapie: ca. 35€ pro Teilnehmer
- Privatpatienten: 100-150€ je nach GOP-Satz
Die Software sollte diese Abrechnungslogik verstehen und automatisch anwenden.
Wie viel kostet Epikur konkret?
Epikur arbeitet mit individueller Preisgestaltung. Richtwerte:
- Einzelplatz: ab ca. 80€/Monat
- Mehrplatzlizenzen: Staffelung nach Anwenderzahl
- Einrichtung: meist kostenlos
- Support: in Grundlizenz enthalten
Welche ist die beste Praxissoftware?
Es gibt nicht "die beste" – nur die für Sie passende. Marktführer sind Elefant und psyprax (je ~31%), gefolgt von Epikur (~15%) und SMARTY (~12%). Die Wahl hängt ab von Ihrer Praxisgröße, Fachrichtung und technischen Präferenzen.
Was sollte man dem Psychotherapeuten nicht sagen?
(Diese Frage bezieht sich auf die therapeutische Beziehung, nicht auf Software. Kurz: Lügen, Gewaltfantasien verschweigen oder wichtige Medikamente nicht erwähnen schadet der Therapie.)
Welche Software eignet sich für Physiotherapeuten?
Für Physiotherapie sind andere Systeme relevant (z.B. PhysioPrax, TheraKey, Physiotools). Diese unterscheiden sich erheblich von Psychotherapie-Software durch Therapieplanung, Geräteintegration und andere Abrechnungslogik.
Was versteht man unter Cloud?
Cloud bedeutet, dass die Software nicht auf Ihrem Computer installiert ist, sondern auf Servern im Internet läuft. Sie greifen über den Browser darauf zu – von jedem Gerät, überall. Vorteile: Keine Installation, automatische Updates, ortsunabhängiger Zugriff. Nachteile: Internetabhängigkeit, Daten beim Anbieter.
Ist eine Cloud kostenlos?
Cloud ist ein Servicemodell, nicht kostenlos. Sie zahlen meist monatlich statt einmalig. Dafür übernimmt der Anbieter Betrieb, Updates und Sicherheit. Langfristig kann Cloud günstiger sein als eigene Server.
Was ist ein Vergleich?
Ein systematischer Vergleich bewertet verschiedene Optionen anhand definierter Kriterien. Bei Praxissoftware: Funktionen, Kosten, Benutzerfreundlichkeit, Support-Qualität. Ziel ist eine objektive Entscheidungsgrundlage statt Bauchgefühl.
Was sind Alternativen?
Alternativen sind verschiedene Optionen zur Lösung desselben Problems. Bei Praxissoftware gibt es Alternativen in:
- Technologie: Cloud vs. On-Premise
- Preismodell: Kauf vs. Miete
- Funktionsumfang: Basis vs. Premium
- Anbieter: Etabliert vs. innovativ
Welche Alternativen gibt es zur klassischen Praxissoftware?
- Branchenlösungen: Speziell für Psychotherapie entwickelt (Elefant, psyprax)
- Allgemein-Medizin-Software: Mit Psychotherapie-Modulen (tomedo, CGM)
- Cloud-First-Lösungen: Moderne browserbasierte Systeme (RED medical)
- Hybrid-Systeme: Kombination aus lokal und Cloud
Gibt es kostenlose Software für Therapeuten?
Vollständig kostenlose, professionelle Praxissoftware für deutsche Psychotherapeuten gibt es nicht. Die Entwicklung psychotherapie-spezifischer Funktionen (TI-Integration, PTV-Formulare, spezielle Abrechnungslogik) ist aufwändig und rechtlich komplex.
Günstige Alternativen:
- SMARTY: ab ca. 30€/Monat
- Basis-Versionen etablierter Anbieter
- Selbstbau mit Office-Tools (nicht empfehlenswert für Vollbetrieb)
Warum keine wirklich kostenlosen Alternativen?
Die Anforderungen sind komplex: TI-Anbindung, spezielle Abrechnungslogik für Psychotherapie, PTV-Formulare, DSGVO-Konformität und kontinuierliche Updates bei Gesetzesänderungen. Diese Entwicklung finanziert sich nur über Lizenzgebühren oder Serviceverträge.
Welche Praxissoftware ist die beste für Physiotherapie?
Für Physiotherapie sind völlig andere Systeme relevant (PhysioPrax, TheraKey, Physiotools). Diese unterscheiden sich fundamental von Psychotherapie-Software durch:
- Therapieplanung mit Übungen und Geräten
- Andere Abrechnungslogik (Heilmittelkatalog statt EBM/GOP)
- Integration von Trainingsgeräten
- Verlaufsdokumentation mit Messparametern
Psychotherapie-Software ist für Physiotherapeuten ungeeignet und umgekehrt.
8.2 Glossar: Wichtige Fachbegriffe
Begriff |
Definition |
DiGA |
Digitale Gesundheitsanwendung – "App auf Rezept" für Patienten |
ePA |
Elektronische Patientenakte der Krankenkassen, ab 2025 Befüllungspflicht |
KIM |
Kommunikation im Medizinwesen – sicherer E-Mail-Dienst der TI |
LANR |
Lebenslange Arztnummer – Identifikation für Vertragspsychotherapeuten |
PTV-Formulare |
Antragsformulare für Psychotherapie bei Krankenkassen (PTV1-PTV12) |
PVS |
Praxisverwaltungssystem – Oberbegriff für Praxissoftware |
TI |
Telematikinfrastruktur – geschütztes Gesundheitsnetz in Deutschland |
KV-Abrechnung |
Quartalsweise Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung |
GOP |
Gebührenordnung für Psychotherapeuten – Abrechnungsgrundlage für Privatpatienten |
EBM |
Einheitlicher Bewertungsmaßstab – Abrechnungsgrundlage für Kassenpatienten |
8.3 Nützliche Ressourcen
Verbände und Organisationen:
- Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) – Berufsrechtliche Informationen
- Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) – Praxisführung und Digitalisierung
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) – TI und Abrechnung
Fachpublikationen:
- Psychotherapeutenjournal – Quartalsmagazin der BPtK
- PiD Psychotherapie im Dialog – Digitalisierung in der Psychotherapie
- Healthcare IT News – Technologietrends
Online-Ressourcen:
- PraxisBarometer der KBV – Jährliche Digitalisierungsstudie
- Gematik.de – Informationen zur Telematikinfrastruktur
- Software-Anbieter-Websites mit Demoversionen
Veranstaltungen:
- Psychotherapie-Kongresse mit IT-Schwerpunkten
- KV-Infoveranstaltungen zur Digitalisierung
- Herstellerwebinare und Online-Demos
9. Fazit
Die Wahl der richtigen Praxissoftware ist eine strategische Entscheidung, die den Arbeitsalltag von Psychotherapeut:innen nachhaltig prägt. Der deutsche Markt bietet spezialisierte Lösungen, die weit über einfache Terminverwaltung hinausgehen und die komplexen Anforderungen der psychotherapeutischen Praxis verstehen.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
Spezialisierung zahlt sich aus: Die Marktführer sind nicht die großen Konzerne, sondern spezialisierte Anbieter wie Elefant und psyprax, die die Branche verstehen. Achten Sie auf echte Fachmodule statt oberflächlicher Anpassungen.
Technologie wird flexibler: Cloud-Lösungen holen bei Funktionalität und Sicherheit auf. Die Entscheidung zwischen Cloud und On-Premise sollte zu Ihrer Arbeitsweise passen.
Integration ist entscheidend: Eine Software ist nur so gut wie ihre Schnittstellen. TI-Anbindung, KV-Systeme und Office-Integration müssen nahtlos funktionieren.
Sicherheit ist machbar: Sowohl Cloud- als auch On-Premise-Lösungen können die hohen Sicherheitsanforderungen der Psychotherapie erfüllen. Wichtig sind Zertifizierungen, Verschlüsselung und DSGVO-konforme Verträge.
Drei Fragen genügen: Statt endloser Checklisten konzentrieren Sie sich auf die Killer-Kriterien: Passt die Software zu Ihrer Arbeitsweise? Gibt es Referenzen in Ihrer Fachrichtung? Wie gut ist der Support?
ROI und Praxisnutzen
Die Investition rechnet sich typischerweise innerhalb von 1-2 Jahren durch:
- Zeitersparnis bei Dokumentation und Abrechnung
- Weniger Abrechnungsfehler durch automatische Plausibilitätsprüfung
- Reduzierte No-Shows durch Erinnerungssysteme
- Optimierte Praxisorganisation
Wichtiger noch: Eine passende Software schafft die Grundlage für eine moderne, zukunftsfähige Praxis. Sie können sich auf Ihre Kernkompetenz konzentrieren – die Behandlung Ihrer Patienten.
Handlungsempfehlung
- Listen Sie Ihre aktuellen Schmerzpunkte auf – das sind Ihre echten Anforderungen
- Identifizieren Sie 3-4 passende Systeme basierend auf Praxisgröße und Fachrichtung
- Testen Sie mit echten Daten – Demoversionen zeigen die Realität
- Sprechen Sie mit Referenzkunden – andere Therapeut:innen sind die beste Quelle
- Entscheiden Sie zügig – perfekte Lösungen gibt es nicht, passende schon
Eine systematische Auswahl nach diesen Kriterien hilft, die für Ihre Situation optimale Lösung zu finden. Nehmen Sie sich 4-6 Wochen für diese wichtige Entscheidung – sie begleitet Sie viele Jahre und prägt Ihren beruflichen Alltag maßgeblich.
Die Digitalisierung der Psychotherapie ist nicht aufzuhalten. Wer heute investiert, profitiert morgen von effizienteren Prozessen, besserer Patientenbetreuung und einer zukunftssicheren Praxis.
Andere Namen für Software für Psychotherapeuten
Die Software für Psychotherapeuten ist auch bekannt als: Praxissoftware für Psychotherapie, Psychotherapeuten-Software, Praxisverwaltungssystem (PVS) für Psychotherapie, Psychotherapie-Software, Praxisverwaltungssoftware oder einfach als Praxissystem. Manche Anbieter verwenden auch Begriffe wie "Therapie-Management-System", "Psychotherapie-Suite" oder "e-Therapie-Platform".