Therapeuten-Unternehmen gründen: Markt, Software, Fehler (2025)
Was Sie hier finden (und was nicht)
Dies ist kein motivierender Ratgeber mit Erfolgsformeln. Dies ist eine ehrliche Einschätzung der Therapeuten-Gründung im deutschen Gesundheitswesen, geschrieben für Menschen, die ernsthaft überlegen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Sie werden hier keine ROI-Versprechen finden, keine magischen Timelines und keine "5 Schritte zum erfolgreichen Praxisstart". Was Sie bekommen: Ein realistisches Bild des Marktes, der fachlichen und rechtlichen Voraussetzungen und der Fehler, die andere vor Ihnen gemacht haben.
Nach der Lektüre werden Sie verstehen, ob eine Therapeuten-Gründung zu Ihrer Persönlichkeit passt, welche rechtlichen Hürden auf Sie warten und wie Sie den Software-Stack aufbauen, ohne sich in Tool-Chaos zu verlieren. Außerdem werden Sie wissen, warum manche Praxen nach zwei Jahren schließen, während andere gedeihen.

Der Therapeuten-Markt ohne Beschönigung
Der Sektor der Heilmittelerbringer – Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie – ist volkswirtschaftlich relevant. Die Gesetzliche Krankenversicherung gab 2022 über 11 Milliarden Euro für Heilmittel aus. In Deutschland existieren Zehntausende Praxen, allein etwa 40.000 für Physiotherapie, die meisten davon kleine bis mittlere Betriebe. Der Markt ist kein Niemandsland für Pioniere, sondern ein etabliertes Feld mit klaren Regeln und enormer Fragmentierung. Die Konkurrenz besteht nicht aus großen Ketten, sondern aus einer hohen Dichte an Einzel- und Gemeinschaftspraxen, die um dieselben Patienten kämpfen.
Der demografische Wandel sichert eine konstant hohe Nachfrage. Eine alternde Bevölkerung bedeutet mehr Bedarf an therapeutischen Leistungen. Politische Reformen der letzten Jahre – schrittweise Anhebung der Vergütung, Einführung der Blankoverordnung – verbessern die Rahmenbedingungen. Allerdings bleibt der Kostendruck hoch, weil die Preise von den Krankenkassen diktiert werden. Die Margen bei Kassenleistungen liegen typischerweise nur zwischen 5% und 15%, während bei Privatleistungen für Selbstzahler oder Sportler Margen von 30-50% realisierbar sind. Das größte Wettbewerbsproblem ist nicht der Mangel an Patienten, sondern der extreme Fachkräftemangel, der das Wachstumspotenzial vieler Praxen begrenzt.
Regionale Unterschiede sind enorm. In ländlichen Regionen herrscht oft eine Unterversorgung, was eine Praxis mit Kassenzulassung quasi zu einem Selbstläufer macht – allerdings ist die Rekrutierung von Mitarbeitern extrem schwierig. In Städten ist die Konkurrenz hoch, Mieten sind teuer, dafür gibt es mehr Potenzial für lukrative Privatleistungen und Spezialisierungen. Unterversorgte Nischen existieren: digitale Therapieangebote als Ergänzung zur Präsenztherapie, betriebliches Gesundheitsmanagement direkt in Unternehmen, von Krankenkassen bezuschusste Präventionskurse nach § 20 SGB V oder Spezialisierungen auf komplexe Krankheitsbilder wie Long-COVID.
Ehrliche Frage: Passt das zu Ihnen?
Therapeuten-Gründung ist nicht für jeden. Bestimmte Persönlichkeitsmuster führen fast zwangsläufig in die Krise. Das "reine Helfer-Syndrom" ist ein ernstes Problem: Die Person ist eine exzellente Fachkraft, verabscheut aber betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten wie Abrechnung, Preiskalkulation und Personalmanagement. Sie opfert die eigene Wirtschaftlichkeit für das Wohl der Patienten, was zu Burnout und finanzieller Instabilität führt. Konfliktscheue Harmonie-Sucher haben es ebenfalls schwer, weil die Selbstständigkeit unangenehme Entscheidungen erfordert: Preiserhöhungen durchsetzen, Mitarbeiter kritisieren, Patienten wegen unbezahlter Rechnungen mahnen. Wer Konflikten systematisch ausweicht, wird ausgenutzt und verliert die Kontrolle über die Praxis.
Der Alltag bringt spezifische Belastungen mit sich. Sie werden ständig ärztliche Verordnungen auf Formfehler prüfen müssen, um Absetzungen durch Krankenkassen zu vermeiden. Das Management von kurzfristigen Absagen reißt Lücken in den Terminkalender, die sofortigen Umsatzverlust bedeuten. Sie werden Ärzten hinterhertelefonieren, um korrekte oder weiterführende Verordnungen zu erhalten. Der Spagat zwischen Therapeut und Unternehmer ist real: Im einen Moment sind Sie einfühlsamer Behandler, im nächsten führen Sie knallharte Lohnverhandlungen mit einem Mitarbeiter. Das sind keine Ausnahmen, sondern die Norm.
Gründer, die gedeihen, haben oft organisierte Empathie – die Fähigkeit, echte Empathie für den Patienten zu zeigen, aber gleichzeitig einen straffen, effizienten und wirtschaftlichen Praxisablauf durchzusetzen. System-Denken ist entscheidend: Anstatt jeden Tag aufs Neue im Chaos zu versinken, werden klare Prozesse für Terminvergabe, Abrechnung und Kommunikation etabliert. Das entlastet den Kopf und macht die Praxis skalierbar. Außerdem brauchen Sie hohe Frustrationstoleranz, weil Krankenkassen Rechnungen absetzen werden, Mitarbeiter kündigen werden und Patienten Termine platzen lassen werden. Wer das persönlich nimmt und daran zerbricht, hält nicht lange durch.
Fragen Sie sich ehrlich: Wenn eine Krankenkasse 10% Ihrer Monatsrechnungen wegen Formfehlern absetzt und Ihr Cashflow gefährdet ist, was sind Ihre ersten drei konkreten Schritte? Wie reagieren Sie, wenn ein Arzt Ihnen zum wiederholten Mal Patienten mit unvollständig ausgefüllten Verordnungen schickt, was für Sie unbezahlte Mehrarbeit bedeutet? Stellen Sie sich vor, Sie müssten einem langjährigen, sympathischen Patienten den vollen Satz für einen vergessenen Termin in Rechnung stellen, um Ihre Richtlinien durchzusetzen. Wie fühlen Sie sich dabei?
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Fachliche Voraussetzungen für Therapeuten
Gesetzlich vorgeschrieben für Therapeuten ist die staatliche Anerkennung als Physiotherapeut, Ergotherapeut oder Logopäde. Die rechtliche Grundlage findet sich in den Gesetzen über die Berufe in der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Die Ausbildung dauert drei Jahre, ein Studium drei bis vier Jahre. Die Kosten reichen von null Euro bei schulgeldfreien staatlichen Schulen bis zu 20.000 Euro bei privaten Schulen. Ohne diese Anerkennung ist die Berufsausübung illegal und strafbar.
Zusätzlich benötigen Sie die Zulassung zur Leistungserbringung für GKV-Versicherte, die sogenannte Kassenzulassung nach § 124 SGB V. Die Beantragung bei der ARGE Heilmittelzulassung dauert zwei bis sechs Monate und kostet zwischen 500 und 2.000 Euro für Antragsgebühren und Beratung, zuzüglich der Kosten für Praxisausstattung. Ohne diese Zulassung dürfen Sie keine Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln, was das Geschäftsmodell massiv einschränkt. Sie wären auf Privatpatienten und Selbstzahler beschränkt, was einen völlig anderen Geschäftsaufbau bedeutet.
Drei Bildungswege führen in die Selbstständigkeit: Die klassische Ausbildung ist der schnellste und günstigste Weg für eine reine Kassenpraxis. Ein Studium – Bachelor in Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie – ist noch keine Voraussetzung für die Gründung, wird aber wichtiger. Es qualifiziert für Leitungsfunktionen, Lehre und ermöglicht ein tieferes wissenschaftliches Arbeiten. Ein Quereinstieg in den therapeutischen Kernbereich ist ausgeschlossen. Ohne vollständige, staatlich anerkannte Ausbildung oder Studium keine Zulassung. Die einzige Ausnahme ist der Heilpraktiker, der nach Prüfung durch das Gesundheitsamt praktizieren darf, aber ein separates Berufsbild darstellt.
Rechtsform-Wahl
Gängig in der Branche sind Einzelunternehmen, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Partnerschaftsgesellschaft und GmbH. Die Wahl hängt von mehreren Faktoren ab: Wenn Sie allein gründen, mit überschaubarem Startkapital und minimalen Verwaltungsaufwand wollen, ist das Einzelunternehmen die richtige Wahl. Es ist die schnellste, einfachste und günstigste Gründungsform, allerdings haften Sie unbeschränkt mit Ihrem Privatvermögen. Gründungskosten liegen bei 50 bis 200 Euro.
Wenn Sie mit anderen Therapeuten zusammen gründen, Kosten teilen, aber wirtschaftlich getrennt bleiben wollen, bietet sich eine Praxisgemeinschaft an, meist als GbR organisiert. Jeder Partner agiert als eigener Unternehmer, aber Infrastruktur wie Räume und Empfang wird geteilt. Ein detaillierter Vertrag ist überlebenswichtig, weil ohne schriftliche Regelung jede Meinungsverschiedenheit zur Existenzkrise wird.
Die Partnerschaftsgesellschaft ist speziell für freie Berufe konzipiert und eignet sich, wenn Sie eine Gemeinschaftspraxis mit Partnern gründen und als gemeinsames Unternehmen auftreten wollen. Die Haftung für Berufsfehler ist auf den handelnden Partner beschränkt, nicht auf alle. Der Verwaltungsaufwand ist geringer als bei einer GmbH. Wenn Sie ein größeres Therapiezentrum mit mehreren Angestellten und hohem Umsatz planen oder Ihre persönliche Haftung strikt begrenzen wollen, ist eine GmbH oder UG die richtige Wahl. Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, allerdings sind Gründungskosten von 1.500 bis 3.000 Euro einzuplanen, zuzüglich 25.000 Euro Stammkapital bei der GmbH.
Versicherungen: Pflicht und Vernunft
Die Berufshaftpflichtversicherung ist Pflicht. Sie kostet jährlich zwischen 150 und 500 Euro und deckt Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit bei Patienten oder Dritten entstehen. Sie ist Voraussetzung für die Kassenzulassung. Ohne sie dürfen Sie nicht praktizieren.
Empfohlen wird ab Tag 1 eine Praxisausfallversicherung, insbesondere für Solo-Selbstständige, bei denen der gesamte Umsatz von der eigenen Arbeitskraft abhängt. Sie kostet zwischen 400 und 1.200 Euro jährlich und deckt die fortlaufenden Praxiskosten wie Miete und Gehälter, wenn Sie durch Krankheit oder Unfall ausfallen. Achten Sie auf die Karenzzeit – die Zeit bis zur ersten Zahlung – und die genauen Definitionen des Versicherungsfalls. Eine Inhaltsversicherung für die Praxis ist sinnvoll, sobald Sie teure Therapiegeräte und Ausstattung anschaffen. Sie kostet 200 bis 600 Euro jährlich und versichert Ihre Einrichtung gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm und Einbruchdiebstahl. Der Neuwert sollte versichert werden.
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Die Software-Frage richtig stellen
Der häufigste Fehler ist, Software zu kaufen, bevor Sie Ihren Workflow verstehen. Beginnen Sie mit einer exzellenten, branchenspezifischen Kernsoftware für Terminplanung und Abrechnung. Alle anderen Bereiche können initial mit Standard-Tools oder über einen Steuerberater abgedeckt werden. Die Faustregel lautet: Start minimal, erweitern wenn Schmerz auftritt, nicht präventiv. Viele Gründer kaufen aus Angst zu viele Tools, die sie dann nicht nutzen oder die sich gegenseitig im Weg stehen.
Kostenfreie Software für Therapeuten-Gründer
Die Realität bei der Therapeuten-Kern-Software ist eindeutig: Kostenfreie Optionen für professionelle Kassenabrechnung existieren nicht. Eine Investition in professionelle Software ist ab dem ersten Tag unumgänglich. Sie ist das Herzstück der Praxis und managed Patienten, Termine, Verordnungen und die komplexe Abrechnung mit den Krankenkassen nach § 302 SGB V. Ohne sie ist ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich. Professionelle Tools sind Theorg, Starke Praxis, Noventi oder MediFox. Die typischen Kosten liegen bei 80 bis 250 Euro pro Monat, je nach Modulen und Anzahl der Lizenzen.
Buchhaltung & Finanzen können Sie initial mit Excel abdecken, aber nur für die ersten Wochen und bei sehr wenigen Belegen. Excel bietet lediglich eine simple Einnahmen-Ausgaben-Übersicht, nicht geeignet für Umsatzsteuervoranmeldung oder Jahresabschluss. Wenn die Anzahl der Belege 20 pro Monat übersteigt oder Sie umsatzsteuerpflichtig werden, brauchen Sie ein professionelles Tool. Der beste Weg ist oft von Anfang an ein Tool wie Lexoffice oder sevDesk oder die Zusammenarbeit mit einem Steuerberater via DATEV Unternehmen Online. Die Software muss eine DATEV-Export-Schnittstelle haben, um Daten einfach an den Steuerberater zu übergeben. Typische Kosten: 15 bis 40 Euro monatlich für die Basistarife.
Bei der Kundenverwaltung ist die Situation anders als bei anderen Branchen: Diese Funktion ist vollständig und zwingend in der Therapeuten-Kern-Software integriert. Ein separates CRM-Tool brauchen Sie nicht. Die Software muss DSGVO-konform sein und eine lückenlose Patientenhistorie inklusive aller Verordnungen und Behandlungsdokumentationen ermöglichen. Jede doppelte Datenhaltung in einem zweiten System erhöht nur die Fehlerquote.
Für Kommunikation & Zusammenarbeit reichen E-Mail und Telefon für den Start völlig aus. Bei mehr als zwei bis drei Mitarbeitern kann ein Team-Chat-Tool wie Slack oder MS Teams die interne Abstimmung verbessern, oft sind die Basisversionen kostenfrei. Achtung bei der Kommunikation von Patientendaten: Niemals unverschlüsselte Klarnamen oder Diagnosen über unsichere Kanäle wie WhatsApp versenden. Einige Praxissoftwares bieten integrierte, sichere Messenger-Dienste an.
Das Gesamt-Budget für Software im Jahr 1 liegt bei minimal 1.000 bis 2.000 Euro, bei einer Standard-Ausstattung bei 2.000 bis 4.000 Euro. Das Kernsystem ist von Anfang an gesetzt. Weitere Module – etwa für Trainingsflächen oder erweiterte Statistiken – werden dann hinzugebucht, wenn ein konkreter geschäftlicher Bedarf entsteht, zum Beispiel wenn Sie einen Selbstzahler-Bereich mit 10er-Karten aufbauen wollen.
Software-Recherche kostet Zeit. Wir haben Therapeuten-spezifische Stacks kuratiert:
- Software für Therapeuten Übersicht - Kostenfreie + Premium-Tools im Vergleich
- Dashboard-Lösung für Therapeuten - Alle Tools an einem Ort
→ Oder: Kostenfreie Software-Beratung - Wir besprechen Ihren konkreten Bedarf.
Integration: Wann es zum Problem wird
Tool-Wildwuchs kostet nicht Geld, sondern kognitive Last. Sie sind die Integration zwischen Tools. Der Datenfluss sollte lauten: Alle Patienten- und Termindaten leben in der Praxissoftware. Von dort werden monatlich die Buchungsdaten an die Finanzbuchhaltungssoftware oder den Steuerberater exportiert. Vermeiden Sie doppelte Datenhaltung in verschiedenen Systemen, weil jede Schnittstelle eine Fehlerquelle ist. Die Entscheidung zwischen mehreren kostenlosen Tools versus einer bezahlten Plattform hängt von Ihrer Toleranz für Kontextwechsel ab. Manche Menschen können fünf Tools parallel bedienen, andere verlieren dabei den Überblick.
Woher erste Kunden tatsächlich kommen
Daten aus der Branche zeigen ein klares Muster: Für Praxen mit Kassenzulassung kommen 70 bis 90% der ersten 100 Kunden über ärztliche Zuweiser. Das ist der wichtigste Vertriebskanal. Man stellt sich persönlich bei den relevanten Ärzten – Orthopäden, Kinderärzte, Neurologen – in der Umgebung vor. Entscheidend sind Vertrauen, fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit, konkret schnelle Terminvergabe und gute Kommunikation. Weitere 10 bis 20% kommen über das persönliche Netzwerk und Empfehlungen. Freunde, Familie und ehemalige Kollegen sind oft die ersten Privatpatienten. Positive Erfahrungen führen zu Mundpropaganda, dem stärksten Marketinginstrument für Privatleistungen.
Lokale Online-Sichtbarkeit – Google und Website – bringt 5 bis 10% der ersten Kunden, mit steigender Tendenz. Patienten suchen "Physiotherapie" plus Stadtteil bei Google. Eine professionelle Website und ein gut gepflegtes Google-My-Business-Profil sind essenziell, um diese Low-Hanging-Fruits einzusammeln. Die Timeline variiert stark: Bei einer Praxis mit Kassenzulassung kann der erste Patient am Tag der Eröffnung kommen, wenn die Arztkontakte vorab gepflegt wurden. Bei einer reinen Privatpraxis ist die Situation anders: 20% haben den ersten Kunden vor der offiziellen Eröffnung, 60% innerhalb der ersten vier Wochen, 90% nach drei Monaten. Die Geschwindigkeit hängt vom Netzwerk und den Marketingbemühungen ab. Der Hauptfaktor ist die Kassenzulassung – mit ihr ist die Nachfrage quasi garantiert, ohne sie beginnt ein klassischer Startup-Prozess der Kundengewinnung.
Preis-Psychologie am Anfang
Das Kassensatz-Gefängnis ist real: Therapeuten sind es gewohnt, in den schlecht vergüteten Strukturen der GKV zu denken. Bei Privatleistungen trauen sie sich oft nicht, adäquate Preise zu verlangen, aus Angst vor Ablehnung oder weil sie ihre Leistung als "nicht so viel wert" empfinden. Dieses Impostor-Syndrom führt zu einem Teufelskreis: Man muss in noch kürzerer Zeit noch mehr Patienten behandeln, um die Kosten zu decken. Das führt zu Burnout, Qualitätsverlust und zieht preissensible Kunden an, nicht solche, die Qualität schätzen.
Es existiert eine klare Zweiteilung im Markt: die festen, nicht verhandelbaren Kassensätze für GKV-Patienten und die frei kalkulierbaren Preise für Privatpatienten und Selbstzahler-Leistungen wie Osteopathie oder Sportler-Check-ups. Erfolgreiche Praxen nutzen Privatleistungen als strategische Marge, um den Druck aus dem Kassensystem zu kompensieren.
Marketing: Was funktioniert für Therapeuten
Das Ärzte-Netzwerk aufzubauen ist extrem effektiv, aber aufwändig. Es ist der wichtigste Kanal für eine stabile Auslastung mit Kassenpatienten. Die Kosten sind gering – außer Zeit und möglicherweise kleine Aufmerksamkeiten – aber der Effort ist hoch, weil Sie persönlich vorstellig werden und Vertrauen aufbauen müssen. Eine professionelle Website und Google My Business sind sehr effektiv und erfordern mittleren initialen Aufwand. Die einmaligen Kosten liegen zwischen 500 und 3.000 Euro für die Website. Sie dient als digitale Visitenkarte und Vertrauensanker, unerlässlich für die Gewinnung von Selbstzahlern und zur Bestätigung für zugewiesene Patienten.
Lokale Vorträge und Workshops sind gut geeignet und kostenfrei. Vorträge in Sportvereinen, bei der VHS oder in Unternehmen positionieren Sie als Experten und führen direkt zu neuen Privatkunden. Verschwenden Sie kein Geld für teure, überregionale Print-Anzeigen – die Zielgruppe ist fast immer lokal. Google Ads ohne lokale Eingrenzung sind ebenfalls ineffektiv, weil Sie für Klicks aus ganz Deutschland zahlen, was irrelevant ist. Der Aufbau komplexer Social-Media-Kanäle, bevor die Basis – Website, Ärzte-Netzwerk – steht, bindet enorme Zeitressourcen mit geringem anfänglichem Ertrag.
Keine Website, kein Online-Auftritt = schwierige Kundengewinnung. → Webseite für Therapeuten ab 879€ - Komplett-Paket inkl. Content + Design
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Warum Therapeuten-Gründer scheitern
Die Absetzungs-Falle: Systematisches Ignorieren von Formfehlern auf Rezepten
Warum passiert das? Angst vor Konfrontation mit der Arztpraxis. Der Glaube, dass "die Kasse schon nicht so genau hinschaut". Unterschätzung der formalen Strenge des deutschen Abrechnungssystems. Die Konsequenz ist gravierend: Die Krankenkasse verweigert die Zahlung für die erbrachte Leistung – die sogenannte Absetzung. Umsatzverluste von 5 bis 10% sind keine Seltenheit und können den monatlichen Cashflow ruinieren.
Sie erkennen es daran, dass mehr als 2% der Abrechnungssumme regelmäßig von Kassen nicht bezahlt werden. Mitarbeiter beschweren sich, dass sie ständig Ärzten wegen Korrekturen hinterhertelefonieren müssen. Die Schwere ist ernst. Noch ist es recoverable, wenn Sie früh reagieren: Führen Sie einen rigorosen Rezept-Prüfprozess bei Annahme ein. Schulen Sie die Mitarbeiter. Kommunizieren Sie konsequent und freundlich mit den Arztpraxen zur Verbesserung der Rezeptqualität.
Der Chef macht die Abrechnung selbst – für immer
Warum passiert das? Falsch verstandene Sparsamkeit, das Motto "Eine Bürokraft kostet nur Geld". Der Glaube, es selbst am schnellsten und besten zu können. Mangelndes Vertrauen in Mitarbeiter. Die Konsequenz: Die wertvollste Ressource der Praxis – Ihre Behandlungszeit – wird für administrative Tätigkeiten verschwendet. Die Praxis kann nicht wachsen, Sie sind im Dauerstress.
Sie erkennen es daran, dass Sie mehr als vier bis fünf Stunden pro Woche mit Abrechnung, Telefon und Terminierung verbringen. Sie müssen Patienten ablehnen, weil Sie "keine Zeit" haben, sind aber abends mit Papierkram beschäftigt. Die Schwere ist ernst. Recovery ist möglich: Stellen Sie eine Teilzeit-Bürokraft so früh wie möglich ein. Die Kosten werden durch die zusätzlich gewonnene Behandlungszeit mehr als ausgeglichen.
Das 100% Kassen-Modell
Warum gehen Gründer diesen Weg? Es scheint der sicherste und einfachste zu sein. Es erfordert kein Marketing und keine Preisverhandlungen. Man vermeidet das ungute Gefühl, Geld von kranken Menschen zu "verlangen". Die Konsequenz ist vollständige Abhängigkeit von den diktierten Preisen der Krankenkassen und der Gesundheitspolitik. Um profitabel zu sein, ist ein hoher Patientendurchsatz nötig – der Hamsterrad-Effekt – was zu Burnout führt.
Sie erkennen es daran, dass am Ende des Monats trotz voller Auslastung kaum Gewinn übrig bleibt. Sie fühlen sich getrieben und haben keine Zeit mehr für eine qualitativ hochwertige Behandlung. Jede Nachricht über neue GKV-Vergütungsverhandlungen löst bei Ihnen Existenzangst aus. Die Schwere ist manageable. Recovery ist möglich durch den strategischen Aufbau eines zweiten Standbeins mit Privat- und Selbstzahlerleistungen. Vermarkten Sie diese Leistungen aktiv über Website, Vorträge und Spezialisierungen.
Die Freundschafts-GbR ohne Vertrag
Warum passiert das? Man gründet mit einem guten Freund und will Geld für einen Anwalt sparen. Das Motto: "Wir vertrauen uns doch, wir brauchen keinen detaillierten Vertrag." Die Konsequenz: Sobald es zu Meinungsverschiedenheiten über Geld, Urlaub, Arbeitslast oder die strategische Ausrichtung kommt, gibt es keine Regeln. Die Auseinandersetzung wird persönlich und endet oft im Desaster und der Auflösung der Praxis.
Sie erkennen es daran, dass es keine schriftliche Regelung gibt, was passiert, wenn ein Partner die Praxis verlassen will. Gewinn und Kosten werden "irgendwie nach Gefühl" aufgeteilt. Die Schwere ist oft fatal. Solange man sich noch versteht: Sofort einen Anwalt aufsuchen und einen umfassenden GbR- oder Partnerschaftsvertrag aufsetzen, der alle Eventualitäten inklusive Trennung regelt.
DSGVO auf die leichte Schulter nehmen
Warum passiert das? Bequemlichkeit und Unwissen. Patiententermine werden über private WhatsApp-Gruppen koordiniert, Patientennamen per unverschlüsselter Mail verschickt. Die Konsequenz: Extrem hohes Risiko für empfindliche Bußgelder durch Datenschutzbehörden. Immenser Vertrauensverlust bei Patienten, wenn ein Datenleck bekannt wird. Kann im schlimmsten Fall zum Entzug der Zulassung führen.
Sie erkennen es daran, dass Patientendaten auf privaten, ungesicherten Laptops oder Smartphones liegen. Es gibt keinen definierten Prozess für den Umgang mit Patientendaten – Speicherung, Löschung, Kommunikation. Die Schwere ist ernst. Recovery ist möglich: Umgehende Beratung durch einen Datenschutzexperten. Implementierung sicherer Kommunikationskanäle, oft in der Praxissoftware enthalten. Schulung aller Mitarbeiter. Erstellung der notwendigen Dokumentation wie Verarbeitungsverzeichnis.
Was jetzt?
Die wirklich entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche Therapeuten-Gründung sind nicht die Tools oder die Rechtsform. Es ist die ehrliche Auseinandersetzung mit Ihrer eigenen Persönlichkeit und Ihrer Bereitschaft, die unbequemen Teile der Selbstständigkeit zu akzeptieren. Die Herausforderungen sind real: der Spagat zwischen Helfer und Unternehmer, die Bürokratie des deutschen Gesundheitssystems, der Fachkräftemangel. Aber sie sind manageable mit Vorbereitung und realistischer Erwartungshaltung.
Wenn Sie bis hierher gelesen haben und nicht abgeschreckt sind, ist das ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass Sie die Realität sehen wollen, nicht die geschönte Version. Wann sollten Sie professionelle Beratung suchen? Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Qualifikationen ausreichen. Wenn Sie nicht wissen, welche Rechtsform für Ihre spezifische Situation passt. Wenn Sie keine Klarheit über Ihren Software-Bedarf haben. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, einen realistischen Kapitalbedarf zu kalkulieren.
Nächster Schritt: Kostenfreie Gründungsberatung
Sie haben bis hierher gelesen – das zeigt ernsthaftes Interesse.
Was wir in 30 Minuten klären:
- Ist Therapeuten-Gründung realistisch für Ihre Situation?
- Welche Voraussetzungen fehlen Ihnen noch?
- Realistischer Kapitalbedarf und Timeline für Ihren Fall
- Software-Stack Empfehlung
Kostenlos. Unverbindlich. Ehrlich.
Alternative Ressourcen:
- Software für Therapeuten Übersicht
- Webseite für Therapeuten
- KI-Tools für Therapeuten
- Dashboard-Lösung
Resources
Nützliche Anlaufstellen für Therapeuten-Gründer:
Verbände und Kammern: Der Verband Physikalische Therapie (VPT), der Zentralverband der Physiotherapeuten (ZVK), der Deutsche Verband der Ergotherapeuten (DVE) und der Deutsche Bundesverband für Logopädie (dbl) bieten Gründungsberatung und Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen. Die zuständigen Regierungspräsidien oder Gesundheitsämter sind Anlaufstellen für Zulassungsfragen.
Zertifizierung und Zulassung: Die ARGE Heilmittel ist zuständig für die Kassenzulassung. Informationen zu spezifischen Fortbildungen und Zertifikaten erhalten Sie über die Berufsverbände und akkreditierte Fortbildungsinstitute.
Förderung: Die KfW-Bank bietet Gründerkredite und Startgelder. Länderspezifische Förderprogramme finden Sie über die Investitions- und Förderbanken der Bundesländer. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt mit dem Gründungszuschuss, wenn Sie aus der Arbeitslosigkeit gründen.
Netzwerk und Austausch: Regionale Gründerzentren und IHK-Gründungsberatungen bieten kostenfreie Erstgespräche. Plattformen wie der Gründerszene-Community oder branchenspezifische Foren ermöglichen den Austausch mit anderen Gründern.